Gedichte und Sprüche von Heinrich Heine
Alte Rose
Eine Rosenknospe war
Sie, für die mein Herz erglühte;
Doch sie wuchs, und wunderbar
Schoss sie auf zu voller Blüte.
Ward die schönste Ros im Land,
Und ich wollt die Rose brechen,
Doch sie wusste mich pikant
Mit den Dornen fortzustechen.
Jetzt, wo sie verwelkt, zerfetzt
Und verklatscht von Wind und Regen -
Liebster Heinrich bin ich jetzt,
Liebend kommt sie mir entgegen.
Heinrich hinten, Heinrich vorn,
Klingt es jetzt mit süssen Toenen;
Sticht mich jetzt etwa ein Dorn,
Ist es an dem Kinn der Schönen.
Allzu hart die Borsten sind,
Die des Kinnes Wärzchen zieren-
Geh ins Kloster, liebstes Kind,
Oder lasse dich rasieren
Altes Lied
Du bist gestorben und weißt es nicht,
Erloschen ist dein Augenlicht,
Erblichen ist dein rotes Mündchen,
Und du bist tot, mein totes Kindchen.
In einer schaurigen Sommernacht
Hab ich dich selber zu Grabe gebracht;
Klaglieder die Nachtigallen sangen,
Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen.
Der Zug, der zog den Wald vorbei,
Dort widerhallt die Litanei;
Die Tannen, in Trauermäntel vermummet,
Sie haben Totengebete gebrummet.
Am Weidensee vorüber gings,
Die Elfen tanzten inmitten des Rings;
Sie blieben plötzlich stehen und schienen
Uns anzuschaun mit Beileidsmienen.
Und als wir kamen zu deinem Grab,
Da stieg der Mond vom Himmel herab.
Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stöhnen,
Und in der Ferne die Glocken tönen
Angelique
Fürchte nichts, geliebte Seele,
übersicher bist du hier;
fürchte nicht, dass man uns stehle,
ich verriegle schon die Tür.
Wie der Wind auch wütend wehe,
er gefährdet nicht das Haus;
dass auch nicht ein Brand entstehe,
lösch ich unsere Lampe aus.
Auch, erlaube, dass ich winde
meinen Arm um deinen Hals;
man erkältet sich geschwinde
in Ermanglung eines Schals.
Anno 1839
O, Deutschland, meine ferne Liebe,
Gedenk ich deiner, wein ich fast!
Das muntre Frankreich scheint mir trübe,
Das leichte Volk wird mir zur Last.
Nur der Verstand, so kalt und trocken,
Herrscht in dem witzigen Paris -
Oh, Narrheitsglöcklein, Glaubensglocken,
Wie klingelt ihr daheim so süß!
Höfliche Männer! Doch verdrossen
Geb ich den artgen Gruß zurück.
Die Grobheit, die ich einst genossen
Im Vaterland, das war mein Glück!
Lächelnde Weiber! Plappern immer,
Wie Mühlenräder, stets bewegt!
Da lob ich Deutschlands Frauenzimmer,
Das schweigend sich zu Bette legt.
Und alles dreht sich hier im Kreise,
Mit Ungestüm, wie'n toller Traum!
Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise,
Wie angenagelt, rührt sich kaum.
Mir ist, als hört ich fern erklingen
Nachtwächterhörner, sanft und traut;
Nachtwächterlieder hör ich singen,
Dazwischen Nachtigallenlaut.
Dem Dichter war so wohl daheime,
In Schildas teurem Eichenhain!
Dort wob ich meinee zarten Reime
Aus Veilchenduft und Mondenschein.
Auf den Flügeln des Gesanges ...
Auf den Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag' ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.
Dort liegt ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosblumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.
Die Veilchen kichern und kosen
Und schaun nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.
Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen und klugen Gazellen;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Wellen.
Dort wollen wir niedersinken
Unter den Palmenbaum,
Und Lieb' und Ruhe trinken
Und träumen den seligen Traum
Eine Rosenknospe war
Sie, für die mein Herz erglühte;
Doch sie wuchs, und wunderbar
Schoss sie auf zu voller Blüte.
Ward die schönste Ros im Land,
Und ich wollt die Rose brechen,
Doch sie wusste mich pikant
Mit den Dornen fortzustechen.
Jetzt, wo sie verwelkt, zerfetzt
Und verklatscht von Wind und Regen -
Liebster Heinrich bin ich jetzt,
Liebend kommt sie mir entgegen.
Heinrich hinten, Heinrich vorn,
Klingt es jetzt mit süssen Toenen;
Sticht mich jetzt etwa ein Dorn,
Ist es an dem Kinn der Schönen.
Allzu hart die Borsten sind,
Die des Kinnes Wärzchen zieren-
Geh ins Kloster, liebstes Kind,
Oder lasse dich rasieren
Altes Lied
Du bist gestorben und weißt es nicht,
Erloschen ist dein Augenlicht,
Erblichen ist dein rotes Mündchen,
Und du bist tot, mein totes Kindchen.
In einer schaurigen Sommernacht
Hab ich dich selber zu Grabe gebracht;
Klaglieder die Nachtigallen sangen,
Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen.
Der Zug, der zog den Wald vorbei,
Dort widerhallt die Litanei;
Die Tannen, in Trauermäntel vermummet,
Sie haben Totengebete gebrummet.
Am Weidensee vorüber gings,
Die Elfen tanzten inmitten des Rings;
Sie blieben plötzlich stehen und schienen
Uns anzuschaun mit Beileidsmienen.
Und als wir kamen zu deinem Grab,
Da stieg der Mond vom Himmel herab.
Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stöhnen,
Und in der Ferne die Glocken tönen
Angelique
Fürchte nichts, geliebte Seele,
übersicher bist du hier;
fürchte nicht, dass man uns stehle,
ich verriegle schon die Tür.
Wie der Wind auch wütend wehe,
er gefährdet nicht das Haus;
dass auch nicht ein Brand entstehe,
lösch ich unsere Lampe aus.
Auch, erlaube, dass ich winde
meinen Arm um deinen Hals;
man erkältet sich geschwinde
in Ermanglung eines Schals.
Anno 1839
O, Deutschland, meine ferne Liebe,
Gedenk ich deiner, wein ich fast!
Das muntre Frankreich scheint mir trübe,
Das leichte Volk wird mir zur Last.
Nur der Verstand, so kalt und trocken,
Herrscht in dem witzigen Paris -
Oh, Narrheitsglöcklein, Glaubensglocken,
Wie klingelt ihr daheim so süß!
Höfliche Männer! Doch verdrossen
Geb ich den artgen Gruß zurück.
Die Grobheit, die ich einst genossen
Im Vaterland, das war mein Glück!
Lächelnde Weiber! Plappern immer,
Wie Mühlenräder, stets bewegt!
Da lob ich Deutschlands Frauenzimmer,
Das schweigend sich zu Bette legt.
Und alles dreht sich hier im Kreise,
Mit Ungestüm, wie'n toller Traum!
Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise,
Wie angenagelt, rührt sich kaum.
Mir ist, als hört ich fern erklingen
Nachtwächterhörner, sanft und traut;
Nachtwächterlieder hör ich singen,
Dazwischen Nachtigallenlaut.
Dem Dichter war so wohl daheime,
In Schildas teurem Eichenhain!
Dort wob ich meinee zarten Reime
Aus Veilchenduft und Mondenschein.
Auf den Flügeln des Gesanges ...
Auf den Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag' ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.
Dort liegt ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosblumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.
Die Veilchen kichern und kosen
Und schaun nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.
Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen und klugen Gazellen;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Wellen.
Dort wollen wir niedersinken
Unter den Palmenbaum,
Und Lieb' und Ruhe trinken
Und träumen den seligen Traum